Anonymus:
Gelbweiße Lieder
Vorwort zur 1. Auflage 1868
Die folgenden Lieder sind gesammelt von einem Hannoveraner, zunächst für seine Landsleute. Sie sind der Ausdruck dessen, was sich im Herzen des Volkes von Hannover bewegt. Und diesen Maßstab bittet der Sammler auch die nicht-hannöverschen Deutschen an diese Lieder legen zu wollen.
Denn eine solche Manifestation der wahren Gesinnung der Niedersachsen auch vor den anderen Deutschen, wie sie durch die Herausgabe dieser Sammlung geschieht, erscheint uns um so mehr erforderlich, je eifriger die von dem Herrn von Bismarck abhängige Presse entgegengesetzte Meinungen über uns nach allen Seiten hin zu verbreiten sucht.
Wir Niedersachsen beanspruchen nichts mehr und nichts minder, als die Söhne unsrer Väter nicht bloß zu sein, sondern auch als solche durch die That uns zu bewähren.
Unsere Väter haben von 1806 - 15 auf allen Schlachtfeldern Europas durch die That die Eigenschaft bewährt, in welcher seit einem Jahrtausend an diesem unserem niedersächsischen Stamm kein Wandel erfunden ist. Es liegt uns ob, der Welt zu beweisen, daß wir unserer Väter würdig sind.
Zwar wir leugnen es nicht: es gibt unter uns einige wenige, die mit dem Berliner Schwindel sich abfinden möchten. Herr von Bismarck hat uns das sogenannte Recht verliehen, Abgeordnete in den preußischen Landtag zu schicken, und es haben in der That fünf Prozent der nach den preußischen Gesetzen Berechtigten im Königreich Hannover es über sich vermocht, an diesen Wahlen Theil zu nehmen.
Aber eben so wie niemand behaupten wird, daß dieser preußische Landtag überhaupt eine Mehrheit derjenigen Theile des deutschen Volkes vertritt, die das Unglück haben, alle wahre Freiheit und Menschenwürde dem Bismarckischen Molochdienste des Blutes und Eisens zum Opfer darbringen zu müssen: so wird noch viel weniger Jemend meinen wollen, daß ein Hannoveraner in den Abgeordneten, die ein verschwindend kleiner Bruchtheil von uns nach Berlin geschickt, Vertreter des Volkes von Hannover erkenne.
Unser Standpunkt ist ein anderer. Er präcisirt sich durch den Gegensatz dessen, was der Urheber alles deutschen Jammers von 1866 der Herr Bismarck, am 1. April 1867 als den seinigen angegeben hat. Herr von Bismarck hat damals gesagt: „Derjenige preußische Minister, der nicht jede Gelegenheit zur Beseitigung des Königreiches Hannover benutzt haben würde, verräth Preußen, verräth Deutschland.“ Dem gegenüber sagen wir: Derjenige, Hannoveraner, der nicht nach seinen Kräften dazu beiträgt, den durch Gewalt und Trug errichteten Staat der Hohenzollern als den Brunnquell alles deutschen Jammers, zu lockern, zu zersprengen, zu vernichten, verräth sein Vaterland, verräth Deutschland.
Das ist der Standpunkt des Volkes von Hannover, dessen Pulsschlag greifbar wird in diesen Liedern.
Vorwort zur 2. Auflage 1868
Unsere gelbweißen Lieder haben manche Freunde gefunden, und dem Sammler sind in Folge dessen so viele neue Frühlingsboten und Propheten einer besseren Zukunft zugekommen, daß sich nach Ausscheidung derjenigen Lieder, in welchen die gute Gesinnung eine minder ansprechende Form gefunden, die Zahl sechzig der ersten Auflage gesteigert auf achtundachtzig.
Anderseits sind dem Herausgeber von wohlmeinenden Freunden her Aeußerungen zugekommen, welche den Ausdruck hier und da zu hart fanden. Aber man wolle dabei unterscheiden, daß der Haß, der Abscheu, der mit der Hoffnung, mit der Zuversicht des endlichen Sieges in diesen Liedern sich ausspricht, niemals sich wendet gegen die Personen, sondern gegen die Prinzipien, welche von diesen Personen befolgt werden. Einer unser Sänger sagt z. B. „Wir hassen Preußen als die Pest.“ Damit ist nicht der einzelne Preuße gemeint, sondern das Preußenthum mit all‘ seiner Selbstsucht und Hoffahrt.
Es wird ferner der „Zollernbande“ als einem „Verbrecherhaufe“ der Untergang gewünscht. Damit ist nicht das einzelne Mitglied des preußischen Königshauses gemeint, welchem persönlich man dabei alles Gute gönnen kann, sondern es ist damit gemeint die Hohenzollerische Hauspolitik des Luges und des Truges der Gewalt und des Frevels, welche von jeher die Quelle unsäglichen Elends für Deutschland gewesen ist.
Diese Politik der Selbstsucht, der Habgier, des Uebermuthes, und noch dazu und nicht am wenigsten der Heuchelei ist es, gegen welche der Haß und der Abscheu in unseren Liedern sich wendet, und welcher wir von ganzem Herzen den Untergang wünschen.
Der Kampf, in welchem wir stehen gegen dieses System der Gewalt und der Lüge, ist ein heiliger Kampf. Und darum ist es eines jeden Hannoveraners, ja eines jeden deutschen Patrioten schuldige Pflicht, das Schwert nicht eher in die Scheide zu stecken, bis der Sieg errungen, bis dieses unwürdige System einmal für immer gebrochen ist.
Nach dem Original: |
Autoren: Anonymus |
2. Auflage |
Druck von J. G. Weiß, Universitätsbuchdrucker |
München, 1868 |
Klopp, Onno (Hrsg.) |
232 Seiten, Hardcover mit Fadenbindung, in FRAKTURSCHRIFT
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Im Buchhandel erhältlich unter der: ISBN-13: 9783759768780